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Diagnose eines aggressiven Non-Hodgkin-Lymphoms

Die Diagnose eines aggressiven Non-Hodgkin-Lymphoms ist leider nicht ganz einfach. Damit die Therapie wirksam ist, muss die Diagnose zu 100% stimmen. Über den Ablauf spricht Herr Professor Aulitzky vom Comprehensive Cancer Center in Tübingen, Stuttgart in diesem Video.

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Lymphom-Typen

Es gibt zwei zentrale Fragen, die am Beginn der Diagnostik stehen: Was für ein Lymphom ist es und wie ausgedehnt ist es? Bei den aggressiven Lymphomen spielt die Ausbreitungs-Diagnostik nicht die zentrale Rolle, wie zum Beispiel beim Hodgkin, da Bestrahlung hier keine so große Rolle spielt. Daher spielt die exakte Beschreibung der Identität, das heißt des spezifischen Lymphom-Typs, eine sehr zentrale Rolle.

Bestimmt das der Pathologe?

Ja, und weil die Bedeutung einer exakten Diagnose so zentral ist, ist es bei den Lymphomen häufig üblich, dass dies nicht nur ein Pathologe macht, sondern dass die Ersteinschätzung eines Pathologen durch eine sogenannte Referenz Pathologie bestätigt wird.

Muss ein Lymphknoten dafür entnommen werden und schauen sich beide Pathologen das Gleiche an oder schauen sie auf zwei unterschiedliche Lymphknoten?

Sie schauen auf das Gleiche. Bei diffus großzelligen Lymphomen reicht manchmal eine Biopsie. Da muss man nicht unbedingt den ganzen Lymphknoten entfernen. Das hängt von der Qualität des Gewebes ab. Wenn es ein einfach zu diagnostizierendes Lymphom ist, kann eine kleine Gewebeprobe ausreichen. Wenn es komplexer ist, müssen neben den normalen Untersuchungsverfahren noch weitere Untersuchungsverfahren eingesetzt werden und dann kann ein relativ großes Stück benötigt werden.

Um das Lymphom zu analysieren, brauchen wir also entweder eine Stanzbiopsie oder tatsächlich einen komplett entnommenen Lymphknoten? Nach was sucht man in dem entnommenen Gewebe?

Ich muss eine ausreichende Zahl von bösartigen Zellen sehen. Das kann man manchmal aus dem Wachstumsmuster erkennen, aus dem Verhalten dem Gewebe gegenüber. Daher benötigt man eine bestimmte Menge an Gewebe und ich muss ausreichend Material haben, um die Art dieser Zellen präzise charakterisieren zu können.

Welche Rolle spielt der allgemeine Gesundheitszustand? Und welche die B-Symptomatik?

Die B-Symptomatik, das heißt die Begleitsymptome wie Fieber, Nachtschweiß oder Gewichtsverlust, spielt für die Bewertung bei den aggressiven Lymphomen nicht so eine zentrale Rolle, wie zum Beispiel bei der Hodgkinschen Erkrankung. Beim allgemeinen Gesundheitszustand muss man immer die Belastbarkeit des Patienten einschätzen. Da diese Erkrankung bevorzugt ältere Menschen bekommen, muss ich sicherstellen, dass nicht irgendein Organ die geplante Therapie nicht aushält und ich damit dem Patienten mehr gefährde als ihm die Beseitigung der bösartigen Erkrankung nützt.

Werden Knochenmarkpunktionen bei solchen Lymphomen gemacht oder ist das eher ungewöhnlich?

Es ist nicht ungewöhnlich, weil die Biopsie nach wie vor in vielen Leitlinien steht. Es hat meistens keine wesentliche Bedeutung für die Therapie-Entscheidung. Insofern ist es etwas, was man unter bestimmten Bedingungen benötigt, vor allem, wenn man über eine Stammzelltransplantation nachdenkt, weil man wissen möchte, ob ich im Knochenmark oder im Blut noch einen erheblichen Teil an bösartigen Zellen erwarten muss. Aber bei vielen Patienten ist es nicht dringlich.

Um zu überprüfen ob auch das zentrale Nervensystem betroffen ist, macht man eventuell eine Liquorpunktion. Wird das häufig oder eher selten gemacht?

Das Gehirn ist ein Raum im Körper, in den viele Medikamente nicht eindringen und deswegen würden Lymphom-Manifestationen im Gehirn durch die gängigen Therapieformen, die wir einsetzen, nicht mitbehandelt werden. Daher muss man bei den Formen von Lymphomen, bei denen das Risiko realistisch erscheint, dass das Gehirn separat befallen ist, mit einer Liquorpunktion versuchen auszuschließen, ob dort Tumorzellen zu finden sind oder nicht.

Abbildung wo die Liquorpunktion gemacht wird

Was sind das für Formen?

Das ist zum Beispiel das Burkitt Lymphom. Und dann sind es im Wesentlichen die sehr aggressiven hohen Stadien der diffus großzelligen Lymphome, bei denen das Risiko doch in den Bereich von 10% kommt.

Wie wichtig ist die Bildgebung?

Ich benötige eine präzise Vorstellung, wo ein Lymphom sitzt. Erstens um potenzielle Schäden der Lymphknotenvergrößerungen zu sehen, aber zweitens auch, um am Ende der Therapie nachsehen zu können, wo kein Lymphom mehr ist und die komplette Rückbildung festzulegen. Daher ist eine Bildgebung immer essenziell. Man führt diese bevorzugt mit CT durch. Ein Ganzkörper-Kernspin würde auch möglich sein. PET/CTs führt man gelegentlich durch, wobei das meistens für die Fragestellungen bei den diffus großzelligen Lymphomen nicht unbedingt essenziell notwendig ist.

Die Analyse der Zellen

Man schaut sich die Zelle immer detaillierter an. Von der Oberfläche der Zelle, über die Chromosomen bis zu den Genen, um immer genauer zu analysieren, was für eine Veränderung vorhanden ist. Wichtig ist, dass dies keine wissenschaftliche Spielerei ist, sondern dass man damit Informationen bekommt, die sehr essenziell für die Therapie sind, oder?

Bild von Zell, Zellkern und Chromosom

Die Lymphome stammen meistens von bestimmten Entwicklungsstadien von Lymphzellen ab, die sich verändert haben. Die Charakterisierung dieses Phänotyps ist einerseits, um festzulegen, welchem Stadium sie ähnlich sind. Daraus kann man auf bestimmte Verhaltensweisen schließen. Andererseits müssen die genetischen Veränderungen gefunden werden, die für die Therapie-Entscheidung wichtig sind. Dazu wird im ersten Schritt ein mikroskopisches Bild gemacht.

Bild eines Lymphoms unter dem Mikroskop

Im zweiten Schritt analysiert man, welche Oberflächenproteine auf diesen Tumorzellen sitzen. Das macht man mit Antikörpern, die nur spezifisch an solche Oberflächenproteine binden. Und wenn man die nachweist, kann man sagen: Dieses Protein ist vorhanden.

Bild von Oberflächenproteinen

Diese Proteine nutzen die Zellen zur Kommunikation mit der Außenwelt. Wird das auch zum Therapie Ansatz genutzt?

Wir nutzen es für zwei Dinge. Erstens machen Zellen in ihren verschiedenen Entwicklungsstadien unterschiedliche Proteine auf ihrer Oberfläche, weil sie verschiedene Wechselwirkungen benötigen. Zweitens besitzen wir Medikamente, die an diese Proteine binden. Das sind therapeutische Antikörper. Diese Medikamente sind heute praktisch bei jeder Behandlung eines B-Zell-Lymphoms Teil der Vorgehensweise und daher ist die Charakterisierung, ob solche Zielstrukturen vorhanden sind, von ganz direkter therapeutischer Relevanz.

Und dann geht man noch tiefer in die Zelle?

Ja, die nächste Ebene ist das Genom und hier kennen wir auch Veränderungen, die Therapiestrukturen sein können. Wir erkennen Veränderungen, die uns noch präziser helfen, eine bestimmte Diagnose zu stellen und daher benötigen wir auch diese Ebene der Diagnostik. Wir sehen hier zum Beispiel unter Umständen Veränderungen, von denen wir wissen, dass sie die Heilbarkeit von Tumoren infrage stellen und deshalb unter Umständen die Notwendigkeit einer Transplantation unterstreichen. Man braucht also die ganze Palette der diagnostischen Verfahren, und ich bin mir ziemlich sicher, dass wir in den nächsten Jahren noch mehr brauchen werden.

Daraus entsteht die Klassifikation und das Lymphom bekommt seinen Namen?

Korrekt. Das ist der Name, den die Patienten dann gar nicht verstehen. Und daher wird in dem Patientengespräch meistens wieder ein vereinfachter Name verwendet.

Diese Unterscheidungen sind für uns auch oft noch nicht so relevant, da wir einige dieser Namen erst seit einigen Jahren benutzen. Sie sind in den Studien früher nicht unterschieden worden. Daher lernen wir zum Teil erst jetzt, ob sie sich auf Therapien anders verhalten als der Nachbarname.

Ein Teil dieser Unterscheidungen ist jetzt schon relevant und von einem anderen Teil hofft man, dass sich daraus in der Zukunft therapeutische Konsequenzen ergeben werden, weil sich diese unterschiedlichen Tumoren verschieden verhalten.

Es gibt die Stadieneinteilung nach Ann-Arbor. Wer oder was ist Ann-Arbor?

Ann-Arbor ist ein Nest in New England. Das ist ein Forschungsinstitut in der Gegend von Boston, wo sich weise Menschen getroffen haben, die diese Klassifikation entwickelt haben.

Stadieneinteilung vom Non-Hodgkin-Lymphom

Bei den diffus großzelligen Lymphomen spielt die Stadieneinteilung eine moderate Rolle. Das Stadium EINS kann unterschieden werden, da man hier mit einer deutlich verkürzten Chemotherapie Heilung erzielen kann, wenn keine weiteren Risikokriterien vorliegen. Ob Stadium ZWEI, DREI oder VIER spielt für die Therapiewahl keine sehr große Rolle. Man muss unter Umständen auch keine weiteren Biopsien machen, da es ausreicht zu wissen, dass es kein Einser-Stadium ist. Damit ist man weitgehend zufrieden.

Nennung der Risikofaktoren

Die höheren Stadien sind ein Risikofaktor, obwohl man es gleich behandeln würde. Darüber hinaus gibt es noch andere Risikofaktoren, die wir in sogenannten internationalen prognostischen Indizes ausdrücken. Das steht auch in jedem Arztbrief und da gehören Laborparameter dazu. Da gehört die Zahl der Manifestationen außerhalb des lymphatischen Systems, das Stadium und das Alter dazu. Und aus diesen Parametern kann man Patienten mit einer sehr hohen Heilungschance identifizieren und solche, bei denen die Heilungschance nicht ganz so hoch ist. Aber auch prognostisch „schlechte Erkrankungen“ haben immer noch eine gute Heilungschance.

Wichtig: Eine schlechte Prognose bei einem Lymphom bedeutet was anderes als eine schlechte Prognose bei einem Pankreaskarzinom. Das sind nicht dieselben Dimensionen, in denen hier Prognosegruppen unterschieden werden.

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