Unser Immunsystem

In diesem Beitrag geht es um das Immunsystem:

  • Was ist das überhaupt, das Immunsystem? Wie erfüllt es seine Aufgaben?
  • Und Ihnen brennt vielleicht ganz besonders diese eine Frage auf der Seele: Ich habe Krebs! Hat mein Immunsystem da komplett versagt? Funktioniert es denn überhaupt noch?

(Lesedauer: 12 Minuten)

Keine Lust zu lesen? Hier sind alternative Medien:

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Podcast zu laden.

Podcast laden

Im Allgemeinen sagt man, das Immunsystem wäre für die Abwehr von Erkrankungen da! Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Denn die Aufgabe des Immunsystems ist es – und das ist wirklich essentiell, um das Ganze richtig zu verstehen – zunächst zwischen Freund und Feind zu unterscheiden und erst dann die uns schädigenden Kräfte zu bekämpfen!

Wie ist das gemeint? Hier eine kleine Story dazu:
Stellen Sie sich vor, Sie wohnten ein wenig außerhalb und hätten ein nettes Häuschen mit Garten. Dann hätten Sie sich vielleicht einen richtigen Wachhund zugelegt! Dieser macht seine Aufgabe ganz toll! Immer wenn ein Fremder das Grundstück betritt, bellt er ganz laut und einmal, als ein Dieb versucht hat, durchs Fenster einzusteigen, da ist ihr Wachhund auf ihn losgegangen und hat richtig zugebissen, so dass der Dieb dann gleich wieder abgehauen ist. All das soll Ihr Wachhund so machen! Da sind sie sehr zufrieden mit ihm.

Aber, leider hat ihr Wachhund auch die Unart, ihre Schuhe zu zerkauen, das Essen von ihrem Teller zu stehlen, wenn sie nicht hingucken, und einmal hat er sogar auf den Teppich gepinkelt! All das darf ihr Wachhund nicht! Denn ihre Schuhe, ihr Essen und ihren Teppich sollte er beschützen und nicht kaputt machen!

Genau das gilt für unser Immunsystem! Es soll das schützen was »uns« ausmacht und soll das zerstören, was uns schaden könnte!

Klingt sehr einfach, ist es aber nicht!

Unser Immunsystem – eins der raffiniertesten Systeme unseres Körpers!

Unser Immunsystem gehört zu den kompliziertesten und raffiniertesten Systemen unseres Körpers! Wie immer wollen wir für sie das Wichtigste herausgreifen und gut nachvollziehbar auf den Punkt bringen!

Im allerersten Schritt können wir unseren Körper mit einer mittelalterlichen Burg oder Festung vergleichen. Denn die allerbeste Verteidigung ist es, die Feinde draußen zu halten! Dafür setzt eine Burg auf tiefe Gräben mit Wasser, hohe Mauern und ein doppelt oder dreifach verstärktes Tor. Damit schützt die Burg sich selber, ohne dass ein einziger Ritter aktiv werden müsste!

Die Haut – unsere erste Verteidigungslinie

Ganz ähnlich hat unser Körper auch eine erste Verteidigungslinie, die ganz ohne den Einsatz der weißen Blutkörperchen auskommt. Und ähnlich wie bei der Burg, werden auch hier unterschiedliche Tricks gegen die Angreifer angewendet! Unsere Haut umhüllt den ganzen Körper und verhindert das Eindringen von Krankmachern. Zusätzlich sondern unsere Hautdrüsen Schweiß und Fettsäuren ab, die Bakterien abtöten können. An unseren Nasenlöchern fangen Härchen grobe Staubpartikel von vornherein ab. Alles Weitere wird dann vom Schleim aufgenommen, den unsere Nasenschleimhaut fleißig bildet. Wird es einmal wirklich lästig, befreien wir uns durch einen kräftigen Nieser von allerlei Krankheitserregern, indem wir sie mit großer Geschwindigkeit ausstoßen.

Unsere Augen werden von den Wimpern vor grobem Schmutz geschützt. Die Tränenflüssigkeit transportiert weiteren Schmutz nach außen. Sie enthält zudem Enzyme, die Bakterien abtöten. Selbst wenn Krankheitserreger über unseren Mund schon bis in unseren Magen vorgedrungen sind, haben sie dort kein leichtes Spiel. Denn unser Magensaft enthält Salzsäure, wodurch viele Krankheitserreger abgetötet werden!

Soviel zu unserer ersten Verteidigungslinie.

Die weißen Blutkörperchen – unsere zweite Verteidigungslinie

Was, wenn es jetzt doch ein paar Krankheitserreger schaffen, in unseren Körper einzudringen? Zum Beispiel, weil wir uns bei der Gartenarbeit an der Hand verletzt haben und trotzdem noch weiter in der Erde wühlen, oder weil die Nasenschleimhaut bei Heizungsluft ausgetrocknet und rissig geworden ist und uns ein erkälteter Kollege auch noch anhustet. Dann wird es Zeit für den Einsatz unserer vielfältigen Polizeitrupps, der zweiten Verteidigungslinie. Hier kommen nun unsere weißen Blutkörperchen zum Einsatz und bekämpfen die Eindringlinge und Übeltäter direkt.

Eine kurze Erinnerung an das, was unser Blut so ausmacht: Im Blutplasma, dem flüssigen Teil vom Blut schwimmen drei Sorten von Blutkörperchen. Die roten und die weißen Blutkörperchen und die Blutplättchen. Wer es noch einmal ganz genau wissen möchte, sollte sich die Folge: »Was ist Blut und wie funktioniert es« zu Gemüte führen.

Hier schauen wir nur auf die weißen Blutkörperchen, weil die zu unserem Immunsystem gehören. Und auch das noch einmal zur Erinnerung, diese werden auch Leukozyten genannt. Wie die Polizei auf Streife geht, zirkulieren die Leukozyten durch die Blutbahnen und Lymphgefäße. Sie dringen teilweise sogar in das Gewebe vor, um nach dem Rechten zu sehen.

Die Zellen der weißen Blutkörperchen (Leukozyten) haben unterschiedliche Aufgaben.

Wir hatten schon einmal gesagt, dass die Leukozyten eine vielfältige und bunte Truppe sind, die für unser Immunsystem eine Reihe von Aufgaben übernehmen. In den kommenden Minuten werden wir die unterschiedlichen Zellen, die zu den weißen Blutkörperchen gehören, namentlich vorstellen. Ja, das sind in der Tat einige! Das mag teilweise etwas mühsam werden, aber da diese Leukozyten und ihre Namen auch immer wieder in ihrem Blutbild auftauchen werden, lohnt es sich diese aufmerksam zu lesen!

Das „spezifische“ und „unspezifische“ Immunsystem

Nun aber weiter zu unserem Immunsystem. Ein Teil unseres Immunsystems wird »unspezifisch«, oder auch »angeboren« genannt. Damit ist gemeint, dass unsere weißen Blutkörperchen einige Krankheitserreger sofort als Bösewichte erkennen und angreifen. Das geschieht also auch dann, wenn wir vorher noch nie Kontakt zu dieser Sorte von Krankheitserregern hatten.

Das wäre so, als wenn ein Polizist auf Streife ist und plötzlich sieht, wie ein Dieb einer älteren Dame die Handtasche entreißt und schnell wegrennt. Der Polizist wird nicht erst lange nachdenken, ob er den Täter schon irgendwo einmal gesehen hat, sondern die Dame zu schützen suchen und den Dieb gleich festnehmen.

Bestandteile des unspezifischen Immunsytems

Zu unserem unspezifischen Immunsystem gehören die Makrophagen, die Granulozyten und die Natürlichen Killerzellen.

Wie wir gleich sehen werden, sind die Namen sehr sprechend!

Makrophage heißt so viel wie »großer Fresser«. Diese Riesenfresszellen halten sich in erster Linie im Gewebe auf, wo sie sowohl eingedrungene Erreger »auffressen«, als auch schädliche Substanzen beseitigen. Auch gealterte und entartete eigene Körperzellen werden entsorgt. Deswegen werden sie auch oftmals die »Müllabfuhr des Körpers« genannt.

Die Granulozyten heißen so, weil in ihrem Zellinneren kleine »körnchenartige« Strukturen zu sehen sind. In diesen Granula befindet sich ein chemisches Gemisch, das als sehr effektive Waffe gegen unerwünschte Zellen eingesetzt wird!

Die häufigsten weißen Blutkörperchen überhaupt sind die neutrophilen Granulozyten. Die wichtigste Aufgabe dieser neutrophilen Granulozyten ist es, Infektionen zu bekämpfen, indem sie Bakterien, Parasiten und Pilze identifizieren und abtöten. Dafür können sie sich sogar aktiv zu dem Entzündungsherd hinbewegen! Im Blutbild werden häufig die neutrophilen Granulozyten ermittelt, um einen Parameter für die Funktion der körpereigenen Abwehr zu haben. Dabei ist eine erhöhte Anzahl ein Indikator für eine Infektion.

Demgegenüber spielen die eosinophilen und die basophilen Granulozyten eine besondere Rolle bei der Bekämpfung von Parasiten. Leider werden sie aber auch bei allergischen Reaktionen aktiv, was ja überhaupt nicht nützlich für uns ist!

Schließlich gibt es die natürlichen Killerzellen. Die machen ihrem Namen ganz besondere Ehre und eliminieren entartete und auch von Viren befallene Zellen besonders schnell.

Das spezifische Immunsytem

Wie raffiniert unser Immunsystem ist, wird insbesondere dann klar, wenn wir den Teil des »spezifischen« oder auch »erworbenen« Immunsystems betrachten.

Es gibt fiese Krankheitserreger, die verhalten sich ganz leise und unauffällig. Sie tun so, als hätten sie nichts Böses im Sinne. In Wahrheit sind sie aber darauf aus, uns möglichst effizient erkranken zu lassen! Berühmt berüchtigte Beispiele für solche Krankheiten und ihre Krankheitserreger sind Masern, Grippe, Polio, usw.

Wie eine organisierte Bande von Verbrechern verhalten sie sich ganz unauffällig und leise. Sie bereiten ihren großen Schlag vor, ohne dass dies der Polizei in irgendeiner Weise auffallen würde. Aber spätestens, wenn sie zuschlagen, müssen sie ihr Versteck verlassen. Der Schaden ist zwar angerichtet, aber ihre Gesichter sind nun auf allen Überwachungskameras festgehalten. Die Fingerabdrücke ebenso! Die Polizei nutzt Polizeifunk, Fernsehen und Twitter um im gesamten Land nach den Tätern zu suchen. Das ist zwar aufwändig, aber sie werden gefasst!

Jetzt sind diese Täter in der Datenbank der Polizei und brauchen nicht zu glauben, dass sie je wieder unerkannt eine üble Tat vorbereiten oder verrichten könnten!

Krankheiten, die nur von unserem erworbenen Immunsystem bekämpft werden können, verlaufen somit beim ersten Mal ziemlich schwer, weil das Immunsystem erst spät reagieren kann. Gelangt der gleiche Erreger aber später noch einmal in unseren Körper, wird er sofort eliminiert! Da spüren wir entweder gar nichts mehr von einer Erkrankung, oder nur einen ganz leichten Verlauf.

Einige schwere Erkrankungen können wir uns zum Glück mit einer Impfung ersparen, denn mit ihr lernt das erworbene Immunsystem ebenso so gut, den Erregern zu erkennen und zu vernichten.

Zu unserem erworbenen, bzw. spezifischen Immunsystem gehören weitere weiße Blutkörperchen, die Lymphozyten, auch B- und T-Zellen genannt. Ihre primäre Aufgabe ist, zunächst so viele Krankheitserreger wie möglich kennen zu lernen und zu speichern. Dann suchen sie nach den Eindringlingen und reagieren mit ganz spezifischen Antworten auf die Krankheitserreger. Dabei arbeiten die B- und die T-Zellen eng abgestimmt miteinander.

Ein wichtiges Element ihrer Abwehr ist die massenhafte Verbreitung der Information, dass genau dieser Krankheitserreger erkannt wurde. Ähnlich wie die Polizei ihren Polizeifunk einsetzt, oder vielleicht auch Twitter und Co, versenden die Lymphozyten massenweise Proteine. Nur, dass sich diese Proteine auch noch an den Angreifern festsetzen! So verlieren diese zum einen an Mobilität und werden des Weiteren ganz schnell von den Fresszellen gefunden.

Ein erhöhter Wert von Lymphozyten ist daher im Allgemeinen ein Indiz für eine virale oder bakterielle Infektion.

Die B-Lymphozyten durchlaufen während ihrer Entwicklung von der Stammzelle bis zum fertigen Lymphozyten ein richtiges Trainingscamp. Dort lernen sie nicht nur die vielen Krankheitserreger kennen, sondern müssen auch beweisen, dass sie unsere eigenen gesunden Zellen nicht angreifen. B-Zellen, die diesen Test nicht bestehen, werden vorzeitig ausgesondert und werden ihren Job niemals antreten.

Damit kommen wir auch zu der Frage, warum das Immunsystem den Krebs, bzw. die Leukämie nicht erkannt hat und ob es denn überhaupt noch recht funktioniert.

Warum werden Krebszellen nicht richtig erkannt?

Die erste Frage, warum werden die Krebszellen nicht richtig erkannt, ist aktuell ein ganz wichtiger Forschungsschwerpunkt! Zellen werden meistens nicht von einem Moment zum nächsten zu Krebs, sondern sie durchlaufen einen längeren Prozess der Entartung.

Das Immunsystem kann nicht nur den „Fingerabdruck“ von Krankheitserregern lesen, sondern natürlich auch den der eigenen Zellen. Dieser wird durch bestimmte Proteine auf der Zelloberfläche dargestellt. Es ist tatsächlich so, dass kranke, körpereigene Zellen selbst dem Immunsystem mitteilen, dass sie krank sind. Diese Zellen werden dann von Fresszellen entfernt. Im Laufe der Entartung kann es aber passieren, dass die kranken Zellen – neben all ihren weiteren Defekten – auch nicht mehr anzeigen, dass sie krank sind. Für das Immunsystem sind sie dann nur eine Zelle, die zum „eigenen Körper“ gehört und daher nicht zerstört werden darf. Dies passiert bei allerlei Krebsarten und so auch bei der Leukämie.

Das heißt aber nicht, dass ihr Immunsystem überhaupt nicht mehr funktioniert! Meist kann es immer noch einen Husten wieder auskurieren oder eine Entzündung wieder heilen.

Bei einer Leukämie ist die Blutbildung und damit auch das Immunsystem direkt betroffen. Dies ist daher eine besondere Herausforderung. Sie werden in der kommenden Zeit sehr viele Gespräche mit Ihren Ärzten führen, in denen die Werte und der Zustand Ihres Immunsystems im Vordergrund stehen. Da ist es bestimmt hilfreich, wenn Sie die Funktionsweise und die Namen der Leukos kennen!

Logo der Strube Stiftung

Ein Projekt der Strube Stiftung

© Strube Stiftung | 2024