Was ist Blut?

„Blut ist ein ganz besonderer Saft!“

Diese Worte legte schon Goethe seinem Mephistopheles in den Mund. Treffender könnte man es kaum sagen! Denn Blut ist ein einzigartiges Gemisch, das nicht nur viele lebenswichtige Aufgaben erfüllt, sondern auch einen unmittelbaren Einfluss auf unser Wohlbefinden hat.

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In diesem ersten Beitrag des Leukämie-Lotsen gehen wir den Fragen nach:

Was ist eigentlich Blut?
Und wie funktioniert es?

(Lesedauer: 8 Minuten)

Blut ist aus fein aufeinander abgestimmten Bestandteilen zusammengesetzt, damit es seine vielfältigen Aufgaben erfüllen kann. Wenn diese Zusammensetzung von den normalen Werten abweicht, ist dies meistens ein Indiz für eine Krankheit. Daher ist Blut auch die am meisten untersuchte Körperflüssigkeit. Etwa fünf bis sieben Liter Blut zirkulieren im Körper eines erwachsenen Menschen. Wenn man unser Körpergewicht bedenkt, scheint dies nicht sonderlich viel! Doch diese Blutmenge fließt ungefähr 2.000 Mal pro Tag durch unseren Körper. Das sind beeindruckende 10.000 Liter Blut, die täglich durch die Aorta fließen! Wenn wir ruhig und entspannt sind, braucht das Blut 1 Minute um einmal durch den ganzen Körper zu fließen. Wenn wir uns aber körperlich anstrengen dann reichen schon 20 Sekunden dafür.

Das Blut Transportiert wichtige „Brennstoffe“ durch unseren Körper.

Die zentrale Aufgabe des Blutes ist der Transport und dafür muss es bis in die letzten Winkel unseres Körpers gelangen. Denn das Blut sorgt dafür, dass alle Zellen des Körpers ausreichend „Brennstoff“ haben: Es bringt ihnen Sauerstoff und energiereiche Stoffe wie Traubenzucker. Das Kohlendioxid, das bei der Verbrennung entsteht, wird wieder abtransportiert und durch die Lunge ausgeatmet. Außerdem verteilt das Blut Hormone, Mineralstoffe und Vitamine im Körper und leitet Abfall- und Giftstoffe zu den Ausscheidungsorganen, vor allem in die Leber und die Nieren. Nicht zu vergessen ist der Transport von Wärme, so dass das Blut auch für die Wärmeregulierung des Körpers mitverantwortlich ist.

Um zu verstehen, warum das Blut so viel über unsere Gesundheit aussagen kann und warum unser Wohlbefinden so stark von ihm abhängt, müssen wir uns seine Zusammensetzung näher ansehen. Dafür werden wir zwar einige Fachwörter benötigen, aber diese werden sie auch wirklich ganz häufig hören! Also, es lohnt sich!

Das Blut: Unser inneres Wetter

Wenn ich ein Sinnbild für das Blut und seine Bedeutung für unser Befinden suchen müsste, so denke ich an das Wetter! Denn das Wetter beeinflusst ebenso unser Wohlbefinden und es ist extrem wichtig, dass wir uns entsprechend vorbereiten! Bei Kälte sollten wir uns warm anziehen, bei Hitze ausreichend Getränke dabeihaben, bei Regen ist ein Regenschirm unser liebster Begleiter.

Deswegen hören wir den Wetterbericht, interessieren wir uns für erwartete Temperatur, Regenmenge, Windstärke und Sonnenstunden, bevor wir uns auf eine Wanderung begeben oder mit einem kleinen Segelschiff auf See stechen.

Das Blut ist in gewisser Weise unser inneres Wetter. Normalerweise ist alles immer perfekt ausbalanciert! Als ob wir ständig bei mildem Sonnenschein und lauem Lüftchen an einem sanft plätschernden See leben würden. Wenn aber dieser Zustand aus irgendeinem Grund gestört wird, spüren wir sehr schnell, dass etwas nicht in Ordnung ist! Und das, was wir spüren, lässt sich an der Zusammensetzung des Blutes ablesen, die dann von der Norm abweicht!

Warum das so ist und wie wir unsere interne Wetterlage besser verstehen und interpretieren können, wollen wir hier anschauen.

Die Zusammensetzung des Blutes

Etwa die Hälfte des Blutes besteht aus Plasma. Plasma ist sozusagen der flüssige Teil des Blutes und besteht zu 90% aus Wasser. Ansonsten finden sich im Plasma noch weitere wichtige Dinge wie Proteine, Elektrolyte, Glukose, Enzyme oder Hormone. Das Blutplasma alleine sieht wie eine gelbliche Flüssigkeit aus.

Die andere Hälfte des Blutes besteht aus Blutkörperchen. Das sind Zellen, die sich frei im Blutplasma durch die Blutbahnen bewegen. Und genau diese Blutkörperchen sind für uns in der Krebstherapie besonders wichtig! Es gibt drei Gruppen von Blutkörperchen.

Erythrozyten

Die Gruppe mit der bei weitem größten Anzahl von Zellen ist die der Erythrozyten, das sind die roten Blutkörperchen. Ihre Hauptaufgabe ist der Transport von Sauerstoff aus der Lunge in die verschiedenen Körpergewebe sowie der Rücktransport von Kohlendioxid zurück in die Lunge. Da sowohl E-ry-thro-zyten als auch ro-te Blut-körp-er-chen sehr umständlich auszusprechen ist, werden sie in Krankenhäusern oftmals nur „Erys“ genannt.

Die Erys haben eine scheibenförmige Gestalt, mit einer Einbuchtung in der Mitte. Ein Erythrozyt besteht zum größten Teil aus Hämoglobin – ein Protein, das Sauerstoff binden kann. Da Hämoglobin Eisen enthält, sehen Erythrozyten rot aus und da Blut sehr viele Erys enthält, ist auch unser menschliches Blut rot.

Erythrozyten sind sehr klein, da sie auch in feinste Gewebebereiche des Körpers vordringen müssen. Die roten Blutkörperchen werden im Knochenmark gebildet und in der Milz abgebaut. Sie leben durchschnittlich etwa 120 Tage.

Leukozyten

An zweiter Stelle kommen die Leukozyten bzw weißen Blutkörperchen. Unter dem Mikroskop sehen die Leukozyten im Vergleich zu den Erythrozyen eher weißlich bzw. farblos aus. Daher auch der Name! Ihre Anzahl ist zwar deutlich geringer als die der Erys, aber immer noch sehr beeindruckend. Auch die Leukozyten haben einen Krankenhaus-Spitznamen, denn sie werden dort verkürzt „Leukos“ genannt.

Die Leukos sind für die Abwehr von körperfremden und schädlichen Substanzen zuständig. Sie gehören damit zum Immunsystem unseres Körpers. Genauso wie die die roten Blutkörperchen schwimmen die Leukos im Blutplasma und erreichen so auch die hintersten Winkel unseres Körpers, um dort Fremdes oder Krankmachendes aufzuspüren.

Leukozyten – die Taskforce unseres Körpers

Zu den schädlichen Substanzen oder Krankheitserregern, die die Leukos abwehren können, gehören Bakterien und Viren, Pilze, körperfremde Partikel, Giftstoffe und auch Tumorzellen. Da diese Fremd- oder Giftstoffe sehr unterschiedlich sind, gibt es verschiedene Unterarten der Leukozyten. Jede Gruppe hat dabei eine sehr spezielle Aufgabe innerhalb des Immunsystems.

Oftmals werden die Leukos mit einer körpereigenen Polizei verglichen. Das ist zwar nicht falsch, aber in Wirklichkeit noch viel detaillierter! Die Leukos sind eine solch bunte und vielfältige Truppe, dass man sie mit der Verkehrspolizei, der Kriminalpolizei, dem SEK, dem Drogendezernat und dem Kampfmittelräumdienst vergleichen sollte. Und dann fehlen immer noch einige Spezialisten in der Aufzählung.

Daher werden wir zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich in der Folge 3 zum Immunsystem, noch einmal die Leukos im Detail betrachten. Denn welche Sorte von Spezialist nun gerade gefragt ist, gibt uns auch Auskunft darüber, welche Art von Problem vorliegt. Und abschließend noch dies: die Lebensdauer der Leukos reicht von wenigen Tagen bis zu vielen Jahren.

Thrombozyten

Als letzte Gruppe haben wir die Thrombozyten, auf Deutsch: Blutplättchen. Diese sind für die Blutgerinnung zuständig. Sie sorgen dafür, dass das sehr komplexe System der Blutgefäße mit den großen Schlagadern bis hin zu den sehr feinteiligen Kapillargefäßen stets überall intakt ist. Denn auch kleine Verletzungen, sowohl äußerlich als auch innerlich, können kritisch sein! Unkontrollierter Blutverlust muss schnell gestoppt werden und äußerliche Wunden bilden eine Eintrittspforte für Keime und Krankheitserreger.

Die Thromozyten sorgen dafür, dass wir nicht verbluten.

Die Thrombozyten, oder kurz Thrombos, sind die kleinsten Zellen im Blut. Sie sehen recht ungewöhnlich aus, nämlich wie ein kleiner Klumpen mit zahlreichen Fangarmen. Wenn es irgendwo eine Verletzung der Blutbahn gibt, werden sie aktiv. Dann entfalten sie ihre Fangarme und sorgen so dafür, dass die Wunde schnell verschlossen wird. Die Thrombozyten sind also so eine Art “schnelle Eingreiftruppe für den Notfall”, die verletztes Gewebe der Blutbahnen schnell abdichtet, so dass so wenig Blut wie möglich verloren geht. Ihre Aufgabe ist nicht die Versorgung anderer Zellen oder Organe, sondern das Absichern der Blutbahn an sich. Die durchschnittliche Lebensdauer von Thrombozyten beträgt acht bis zwölf Tage. Der Abbau erfolgt hauptsächlich in der Milz.

Und warum ist es lohnend sich all diese Begriffe zu merken?

Eine Leukämie erkennt man an der starken Abweichung der Blutwerte von dem Normalzustand. Auch im Rahmen einer Chemotherapie werden die Blutwerte große Schwankungen durchmachen! Ihre Ärzte werden daher immer wieder mit ihnen über ihre Blutwerte sprechen!

Da ist es hilfreich, wenn Sie Ihre „innere Wetterkarte“ kennen und vor allem mit den Fachbegriffen etwas anfangen können! So ist es für Sie nachvollziehbar was der Arzt meint und worauf Sie im Laufe der Therapie achten sollten.

Im nächste Beitrag wird erklärt, wie unser Blutbildungssystem funktioniert und was eigentlich Stammzellen sind. Und im Anschluss daran endlich verständlich, das Immunsystem!

Quellen

Krebshilfe: https://www.krebshilfe.de/infomaterial/Blaue_Ratgeber/Leukaemie_BlaueRatgeber_DeutscheKrebshilfe.pdf

Blutwert.net: https://www.blutwert.net/leukozyten/

Medizinpopulär.at: https://www.medizinpopulaer.at/archiv/seele-sein/details/article/der-saft-des-lebens.html

Österreichisches Rotes Kreuz: https://www.roteskreuz.at/berichten/publikationen/publikationen/rotkreuzfactbook/blut/teil-1-fluss-des-lebens/

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