Wiedereingliederung für Selbstständige nach einer Krebserkrankung

In diesem Beitrag haben wir zusammentragen, was für Selbstständigen wichtig ist, wenn sie an Krebs erkranken.

(Lesedauer: 6 Minuten)

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Interview mit Jürgen Walther, Leiter des Kliniksozialdienstes NCT, Universitätsklinikum Heidelberg

Auf was sollte man, bezüglich seines Berufsalltags, achten?

Im ersten Schritt muss geklärt werden wie die berufliche Situation ist? Welche Form der Selbständigkeit besteht? Hat jemand einen eigenen Betrieb? Ist jemand Freiberufler? Ist jemand alleine als Solo-Selbständiger beschäftigt? Hat jemand Mitarbeiter? Welche Verantwortung hat man für diese Mitarbeiter?

Im zweiten Schritt sollte man die Versicherungsverhältnisse klären, da die Versicherungsverhältnisse maßgeblich dafür verantwortlich sind, wie die weitere Sicherung während einer langen Krankheitsphase gestaltet werden kann.

Es gibt die Möglichkeit, dass man sich als Selbstständiger freiwillig gesetzlich versichert. Wenn man als Selbständiger in einer gesetzlichen Krankenkasse versichert ist, kann man den Anspruch auf gesetzliches Krankengeld mitversichern, das heißt es gelten dann die normalen Regeln wie bei einem Angestellten: Anspruch auf Krankengeld für 18 Monate. Wie es anschließend weiterläuft muss geklärt werden. Das kann in eine Rente übergehen oder auch in eine private Berufsunfähigkeit (wenn man diese abgesichert hat).

Im Alltag ist häufig das Problem, dass Leute sich selbstständig machen, sich nicht richtig absichern und hoffen, dass es gut geht.

Wenn man dann auf einmal eine Diagnose von einer schweren Erkrankung bekommt, lässt sich an den Versicherungsverhältnissen nichts mehr ändern. Dann muss man eine Bestandsaufnahme machen wie man abgesichert ist und dann daraus das Beste machen.

Man sollte sich fragen ob man seinen Betrieb noch fortführen kann? Das hängt natürlich stark von der Branche ab, in der man arbeitet. Arbeitet man zum Beispiel im IT-Bereich kann man unter Umständen von zu Hause weiterarbeiten. Wenn jemand im gewerblichen Bereich in der Baubranche arbeitet z. B. als Fliesen- oder Estrichleger ist ein Weiterarbeiten unwahrscheinlich.

Und wenn man dann vor der Zeit der Erkrankung die entsprechenden Versicherungen nicht abgeschlossen hat, kann man das während der Zeit der Erkrankung nicht mehr nachholen. Manchmal kann man ein bisschen umsteuern, das hängt von den familiären Verhältnissen ab: Wenn jemand verheiratet ist, kann er unter Umständen zurück in die Familienversicherung, möglicherweise kann man auch in der Krankheitsphase nochmals in ein Beschäftigungsverhältnis als abhängig Beschäftigter eintreten. Das Wichtigste ist, dass man sich früh darum kümmert. (VOR der Erkrankung!)

An wen können sich Selbstständige wenden, wenn sie krank werden?
Mit wem können sie sprechen?

Kliniksozialdienste, BeraterInnen in Kliniken oder Krankenhäusern. Auch hier kommt es wieder auf die Branche an in der man arbeitet: Für Landwirte gibt es beispielsweise über die Sozialversicherung Unterstützung und Beratungsangebote. Landwirte können sich Betriebshelfer holen und diese beraten auch ob der Betrieb fortgeführt werden kann. Im gewerblichen Bereich kann man sich an die Industrie- und Handelskammer vor Ort wenden um sich Rat zu holen.

Bei Fragen rund um die Sozialversicherung muss man sich an die entsprechenden Leistungsträger (Krankenkasse, wenn gesetzlich versichert, an seinen Berater von der privaten Krankenversicherung, wenn privat versichert oder an die Rentenversicherung, wenn es um Fragen der Rentenversicherung geht) wenden.

Weitere Anlaufstellen sind Krebsberatungsstellen.

Wie geht man mit laufenden Aufträgen um, wenn man krank wird und diese nicht mehr weiter betreuen kann?

Das hängt natürlich sehr stark von der Branche ab je nachdem wo jemand arbeitet und womit er sein Geld verdient. Darüber hinaus sollte man sich überlegen: „Was offenbare ich von mir? Trete ich auf meine Kunden zu und wirke dann eher mitleidig um meine Aufträge zu halten oder signalisiere ich, dass ich jetzt eine gewisse Zeit lang nicht so verfügbar bin wie bisher aber nach der Therapie wieder zur Verfügung stehe und solange beispielsweise eine Vertretung habe.“
Es ist wichtig diese Themen anzusprechen.

Und genauso wichtig ist die Kommunikation mit Angestellten und Mitarbeitern. Denen gegenüber gut überlegen: „Was kommuniziere ich? Wie kommuniziere ich? Wie kann ich ihnen Sicherheit bieten?“

Was macht man, wenn man in einer schweren Krankheitsphase nicht mehr handlungsfähig ist aber das Unternehmen weitergeführt werden muss.

Gibt es Empfehlungen für Vollmachten?

Auf jeden Fall sollte man sicherstellen, dass man jemanden hat, den man bevollmächtigen kann. Alleine wenn es darum geht beispielsweise Rechnungen zu begleichen oder Gehälter zu überweisen. Die Vertretungssituation muss frühzeitig geklärt sein damit man nicht in zusätzliche Schwierigkeiten gerät. Oft wird dieses Thema zu lange ignoriert, weil die Hoffnung besteht, dass alles gut geht. Man sollte sich den “worst case” ausmalen und sich jemanden suchen, der für einen handlungsfähig sein kann. Unter Umständen ist es auch sinnvoll Rat vom Steuerberater oder auch von einer Kammer zu suchen.

Insgesamt kann man zusammenfassen: Es ist wichtig sich rechtzeitig zu informieren, rechtzeitig in die Offensive zu gehen, auch schwierigere Themen offen anzusprechen und sich jemanden zu suchen, der für einen da ist, mit dem man ehrlich reden und nach konkreten Lösungen suchen kann. Der unterstützt, wenn man selber in der aktuellen Phase nicht die Kraft hat und durch die Therapie eingeschränkt ist um diese Dinge anzugehen.

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